„Wow, so schön!“ Lita spürte, dass sich die 7 Prinzipien des energetischen Nähens für sie total stimmig anfühlten. So, als ob sie es immer wusste und jetzt nur daran erinnerte. Dann nahm sie einen Schluck aus ihrer Kanne: das Wasser war nicht mehr eisig kalt, sondern angenehm kühl, süß und erfrischend.
Lita stellte die Schatulle von ihrem Schoß weg auf das Sofa und stand auf. Sie schaute sich von der Brust bis zu den Zehen an: Lilafarbenes enganliegendes T-Shirt mit kurzen Ärmeln und einer Überschrift auf Englisch drauf, ein Gürtel, der die kurze Hose aus hellem Jeans-Stoff hielt, hübsche und grazile, leicht gebräunte Beine mit einer kaum sichtbaren Narbe auf dem rechten Knie, weiße Sneakers-Socken unter den Fußknöcheln (ihre Barfuß-Schuhe ließ sie vor der Tür stehen).
Eigentlich ist sie ganz praktisch angezogen: Sie kann sich gut bewegen und vor allem sieht man auf dem ersten Blick ihren wohlgebauten Körper. Lita neigte ihren Kopf. „Andererseits“, dachte sie, „wem möchte ich denn eigentlich meinen Körper zeigen? Und ob meine Kleidung wirklich praktisch ist? Der Stoff der kurzen Hose ist definitiv viel zu dick für das heiße Wetter, er liegt zudem zu eng auf meinen Oberschenkeln, sodass von den
Overlock-Nähten die Abdrücke auf der Haut zu sehen sind. Und die beiden haben irgendwie recht: Hosen sind Männerkleidung. Viel lieber hätte ich heute einen Rock an. Ich mag ja Röcke!”
Dann dachte Lita, dass sie auch auf den Bäumen klettern mag, das kann sie sich schwer vorstellen in einem Rock, genauso wie Fahrrad fahren… Und im Garten arbeitet sie auch in Hosen bzw. in Leggings, weil sonst beim Bücken zu viel zu sehen wäre. Aber, wenn sie jetzt ehrlich mit sich selbst ist, dann sieht man in Leggings eigentlich auch viel zu viel: die ganze Form, nur die Hautoberfläche nicht… Einen langen Rock für die Gartenarbeit
anzuziehen — auf die Idee kam sie zuvor nie. Sie lächelte: Aber warum nicht?! Sie kann ihre Kleidung selber wählen und kann auch was ausprobieren.
Lita hob beide Arme hoch über ihren Kopf. Das T-Shirt rutschte hoch, drückte auf die Schulter und zeigte den Bauchnabel über dem Gürtel.
“Hm… Wie fühlt sich denn ein Oberteil oder ein Kleid mit Zwickeln an? Und warum trage ich eigentlich auf meiner Brust den Namen einer Firma, zu der ich gar keinen Bezug habe, bis auf dass ich das von ihr fabrizierte T-Shirt kaufte? Und warum trage ich Unterwäsche aus Kunststoff, obwohl ich alles Natürliche mag? Fragen über Fragen. Aber zumindest habe ich heute weiße Baumwoll-Socken an!”
Lita setzte sich wieder auf das Bettsofa und streckte ihre Hand, um die Schatulle zu schließen und wieder zu öffnen, hielt aber auf dem halben Weg an, denn der Deckel fing von sich aus an zu leuchten und zeigte die nächste Aufnahme:
Lektion